Branche | Verwaltung, öffentl. Dienstleistungen |
Geschlecht | |
Stichwörter | Lohngleichheit; Verbandsklagen |
Rechtsgrundlage | Gleichstellungsgesetz |
Anstellung | öffentlich-rechtlich |
Entscheide | 2 Entscheide (2014-2015) |
Stand | rechtskräftig |
19.11.2014 | Das Verwaltungsgericht heisst die Beschwerde gut |
07.12.2015 | Bundesgericht hebt den Entscheid des Verwaltungsgerichts auf |
Kurzzusammenfassung
Der Stadtrat erlässt ein neues Anstellungsreglement für das Personal von Betreuungseinrichtungen. Die Anpassung hat für Hortleiterinnen und Hortleiter eine Ferienreduktion zur Folge. Der Verein A, welcher eine diskriminierungsfreie Gesellschaft sowie den Schutz des im öffentlichen Dienst stehenden Personals bezweckt, legt Verbandsbeschwerde gemäss Art. 7 Abs. 1 Gleichstellungsgesetz ein. Er macht eine Verletzung von Art. 3 Gleichstellungsgesetz und Art. 8 Abs. 3 Bundesverfassung geltend, da es sich beim Betreuungspersonal um einen typischen Frauenberufe handle und die Ferienansprüche ein Lohnbestandteil seien. Durch die Ferienreduktion würde der Lohn der Hortleiterinnen und Hortleiter reduziert, was der Idee der Förderung von Frauenberufen widerspreche. Der Bezirksrat lehnt den Rekurs ab. Das daraufhin angerufene Verwaltungsgericht heisst die Beschwerde gut. Die Stadt Zürich führt anschliessend Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts und beantragte dessen Aufhebung. Das Bundesgericht qualifiziert die angefochtene Übergangsregel des Stadtrates als „sachlich logisch und verfassungskonform“. Deshalb heisst es die Beschwerde der Stadt Zürich gut und hebt den Entscheid des Verwaltungsgerichts auf.
Nach einer Teilrevision des städtischen Personalrechts stimmten verschiedene Regelungen des Anstellungsreglements 1995 des Personals von Betreuungsstätten nicht mehr mit übergeordnetem Recht überein. Die daraufhin erfolgte Ersetzung dieses Anstellungsreglements 1995 durch das Reglement 2013 führt zu einer Reduktion des Ferienguthabens von Hortleiterinnen und Hortleitern. Der Verein verlangt, dass die bisherige Ferienregelung im Anstellungsreglement 1995 beibehalten werden müsse oder einem Lohnausgleich zu erfolgen habe.
Bei der Hortleitung handelt es sich nach Ansicht des Beschwerdeführers um einen typischen Frauenberuf mit echtem Aufholbedarf. Um bestehende Diskriminierungen zu beheben, hat die Beschwerdegegnerin dem Betreuungspersonal denn auch eine Lohnerhöhung im Umfang von 10 Prozent gewährt. Da der Ferienanspruch der Hortleitung ein Lohnbestandteil ist, würde eine Reduktion die Behebung der Diskriminierung wieder rückgängig machen. Dies verstösst gemäss Beschwerdeführer gegen Art. 3 Gleichstellungsgesetz und Art. 8 Abs. 3 Bundesverfassung. Zudem ist der Beschwerdeführer der Ansicht, dass der höhere Ferienanspruch der Hortleitung durch die erhebliche Belastung gerechtfertigt sei.
Die Beschwerdegegnerin vertritt die Auffassung, dass die hohe Belastung einer Hortleiterstelle bereits umfassend mit dem Lohn abgegolten wird. Ein erhöhter Ferienanspruch würde sich daher lediglich durch betriebliche Besonderheiten rechtfertigen lassen, solche liegen aber nach Ansicht der Beschwerdegegnerin nicht vor.
Erwägungen
Das Verwaltungsgericht prüft in einem ersten Schritt, ob aufgrund der besonderen Arbeitsbedingungen eine unterschiedliche Ferienregelung für Hortleiterinnen und Hortleiter sowie für übriges städtisches Personal im Rahmen des Gleichheitsgebots von Art. 8 Abs. 1 Bundesverfassung gerechtfertigt werden kann.
Dabei prüft das Verwaltungsgericht, wie weit mögliche betriebliche Besonderheiten vorliegen. Es kommt zum Schluss, dass der Umstand, dass Hortleiterinnen und Hortleiter während den Schulferien keine Ferien nehmen dürfen, keine Besonderheit zu begründen vermag. Diese Regelung betrifft auch diverse andere städtische Angestellte. Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, dass die Anzahl der zu Betreuenden und somit der Aufwand stetig steige. Das Verwaltungsgericht hält dazu fest, dass dieser Anstieg durch Optimierung kompensiert werden konnte und sieht keine Anzeichen dafür, dass eine Mehrbelastung vorliegt. Der Beschwerdeführer argumentiert zudem, dass Hortleiterinnen und Hortleiter aufgrund ihrer pädagogischen und psychologischen Fähigkeiten mit Lehrpersonen verglichen werden können und daher einen Ferienanspruch von 13 Wochen haben sollten. Das Verwaltungsgericht hält dem entgegen, dass die 13 Wochen als Ferienzeit für die Schülerinnen und Schüler gedacht ist. Die Lehrpersonen haben den gleichen Ferienanspruch wie andere städtische Angestellte. Es liegen somit laut Verwaltungsgericht keine betrieblichen Besonderheiten vor, welche einen erhöhten Ferienanspruch rechtfertigen würden. Die Ferienreduktion stellt damit keine geschlechtsspezifische Diskriminierung dar.
Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, dass die zusätzlichen Ferien der Hortleiterinnen und Hortleiter einen Lohnbestandteil darstellen. Eine Kürzung der Ferien würde somit einer Lohnkürzung gleichkommen. Da es sich vorliegend nach Ansicht des Beschwerdeführers um einen typischen Frauenberuf handelt, wäre eine solche Kürzung geschlechtsspezifisch diskriminierend. Die Beschwerdegegnerin hat einerseits eine Lohnerhöhung von 10 Prozent gewährt, um bestehende Diskriminierung zu bekämpfen und andererseits den Ferienanspruch reduziert und damit die Diskriminierung wieder hergestellt. Das Verwaltungsgericht folgt der Argumentation des Beschwerdeführers und hält abschliessend fest, dass grundsätzlich keine sachlichen Gründe für einen erhöhten Ferienanspruch von Hortleiterinnen und Hortleiter bestehen. Das Vorgehen der Beschwerdegegnerin ist jedoch trotzdem geschlechterdiskriminierend, da sie nicht nachweisen kann, dass die Ferienansprüche nicht als Lohnbestandteil gedacht waren. Eine Ferienreduktion ist folglich weiter möglich, jedoch müsste diese durch eine Lohnanpassung angemessen kompensiert werden.
Da eine Organisation mit Verbandsbeschwerde lediglich die Feststellung einer Diskriminierung verlangen kann (Art. 10 Abs. 1 Gleichstellungsgesetz, Satz 1), tritt das Verwaltungsgericht auf die Forderung, es sei festzustellen, dass die bisherige Ferienregelung beizubehalten bzw. es sei ein Lohnausgleich zu gewähren, nicht ein.
Entscheid
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird. Die Gerichtskosten von 4‘180 Franken werden von der Gerichtskasse übernommen. Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von 6‘000 Franken zu bezahlen.
Quelle
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, Nr. VB.2014.00164
Bemerkungen
Eine Minderheit der Kammer spricht sich dafür aus, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. Da die Überprüfung der Übergangsregelung betreffend den Ferienanspruch eine generell-abstrakte Normenkontrolle darstellt, bezweifelt die Minderheit die Zuständigkeit der Kammer. Der Beschwerdeführer stellt in erster Linie ein Feststellungsbegehren nach Art. 7 Gleichstellungsgesetz. Ein Verfahren, welches von einem solchen Begehren ausgelöst wird, muss von einem abstrakten Normenkontrollverfahren unterschieden werden. Auch materiell kommt die Minderheit der Kammer zu einem anderen Schluss. Sie hält es für falsch, den Ferienanspruch mit dem Lohnanspruch gleichzusetzen, da Lohn und Ferien unterschiedlichen Zwecken dienen. Daher mangelt es ihrer Ansicht nach bereits an einem hinreichenden Sachzusammenhang zwischen dem Streitgegenstand (Übergangsbestimmung betreffend Ferienanspruch) und der angeblichen Lohndiskriminierung.
Die Stadt Zürich führt anschliessend Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts und beantragte dessen Aufhebung. Sie macht zudem die Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, da sich das kantonale Gericht nicht mit sämtlichen Anträgen und Argumenten der Stadt Zürich auseinandergesetzt habe. Weiter verlangt sie die Feststellung, dass die beschlossene Ferienkürzung trotz hängigen Verfahrens umgesetzt werden dürfe. Diesbezüglich stellt die Instruktionsrichterin am 13. April 2015 fest, dass die Stadt Zürich berechtigt sei, die Ferienkürzung während des hängigen Verfahrens umzusetzen.
Erwägungen
Das Bundesgericht verneint vorerst eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Zwar sei es die Pflicht der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dies setze jedoch nicht voraus, „dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen eindrücklich widerlegt“. So sei aus den Erwägungen ersichtlich, welche Überlegungen das Verwaltungsgericht zu seinem Entscheid bewogen hätten.
Hinsichtlich der Frage, ob die seitens des Stadtrats Zürich beschlossene Kürzung des Ferienanspruchs gegen das Gleichstellungsgesetz verstösst, kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass mit der Anpassung der Ferienregelung keine Diskriminierung des Geschlechts in Bezug auf die Anstellungsbedingungen verbunden ist. So seien bei der Berufsgruppe der Hortleitenden keine betrieblichen Besonderheiten auszumachen, welche nicht bereits in der Funktionsbewertung berücksichtigt worden sind. Da die Diskriminierung nicht glaubhaft gemacht werden kann, kommt die Beweislastumkehr nach Art. 6 Gleichstellungsgesetz nicht zum Tragen.
Das Gericht prüft schliesslich den Zusammenhang zwischen Lohneinreihung und höherem Ferienanspruch und kommt zum Schluss, dass ein solcher nicht bestehe. Es gebe keine Hinweise darauf, dass bei der Lohneinreihung der erhöhte Ferienanspruch berücksichtigt worden und die Einreihung aufgrund dessen tiefer erfolgt sei. Das Bundesgericht qualifiziert die angefochtene Übergangsregel des Stadtrates als „sachlich logisch und verfassungskonform“. Deshalb heisst es die Beschwerde der Stadt Zürich gut.
Entscheid
Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. November 2014 wird aufgehoben. Die Gerichtskosten von 1‘000 Franken werden dem Beschwerdegegner auferlegt.