Branche | übrige Dienstleistungen |
Geschlecht | Frau |
Stichwörter | Sexuelle Belästigung; Präventive Massnahmen |
Rechtsgrundlage | Gleichstellungsgesetz |
Anstellung | privatrechtlich |
Entscheide | 1 Entscheid (2018) |
Stand | rechtskräftig |
Kurzzusammenfassung
Eine Hausangestellte ist bei einem Ehepaar angestellt. Sie wird vom Ehemann verschiedentlich sexuell belästigt. Auch als die Hausangestellte die Ehefrau und die erwachsene Tochter des Ehepaars über die Übergriffe in Kenntnis setzt, treffen diese keine Massnahmen zum Schutz der Hausangestellten. Die Hausangestellte wird krankgeschrieben und geht vor die Schlichtungsbehörde. Rund drei Monate später reicht die Hausangestellte die fristlose Kündigung ein. Vor der Schlichtungsbehörde schliessen die Parteien einen Vergleich.
Eine Hausangestellte befindet sich kurz vor ihrer Pension und ist seit rund vier Jahren im Dienste eines älteren Ehepaares auf Teilzeitbasis angestellt. Sie ist für die Küche und den Haushalt verantwortlich. Vom Ehemann wird sie gelegentlich sexuell belästigt. Zunächst mit anzüglichen Witzen und zu einem späteren Zeitpunkt mit mehrmaligen Umarmungen und Versuchen, sie auf den Mund zu küssen. Sie setzt sich jeweils gegen diese unerwünschten Annäherungsversuche zur Wehr und gibt dem Ehemann zu verstehen, dass sie nicht für seine intimen Bedürfnisse angestellt sei. Der Hausangestellten ist bekannt, dass der Ehemann gesundheitlich angeschlagen ist und regelmässig Medikamente einnehmen muss, welche als Nebenwirkung ein gesteigertes sexuelles Bedürfnis zur Folge haben. Deshalb kann sie auch mehr Verständnis für das Verhalten des Ehemanns aufbringen. Sie will sich aber gleichzeitig schützen. Nach einer erfolgreichen Abwehr lässt sie der Ehemann jeweils wieder für einige Zeit in Ruhe, bis er einen erneuten Übergriff macht. Die sexuellen Belästigungen meldet die Hausangestellte der Ehefrau zunächst nicht, weil diese selbst gesundheitlich angeschlagen ist und die Hausangestellte sie schonen möchte. Nach einem erneuten Übergriff erstattet sie aber doch Meldung an die Ehefrau wie auch an die erwachsene Tochter des Ehepaars. Doch diese treffen keinerlei Massnahmen zum Schutz der Hausangestellten. Die Ehefrau fühlt sich überfordert und die Tochter meint, es stehe Aussage gegen Aussage. Nach einem erneuten Vorfall wird die Hausangestellte krankgeschrieben. Anschliessende Gespräche zwischen den Parteien zwecks Lösungssuche führen zu keinem Ergebnis. Die Ehefrau bleibt weiterhin untätig und stellt auch die Lohnzahlung ein, da die Hausangestellte weiterhin krankgeschrieben ist. Schliesslich reicht die Hausangestellte ein Schlichtungsgesuch wie auch eine Strafanzeige ein. Der Rechtsvertreter des Ehepaars droht mit einer Verleumdungsklage und bestreitet jegliche sexuellen Belästigungen. Die Hausangestellte kündigt schliesslich fristlos und verlangt zusätzlich zum ausstehenden Lohn noch den Lohn, wie er bei ordentlicher Kündigung angefallen wäre.
Erwägungen
Die Hausangestellte gibt in der Schlichtungsverhandlung eine detaillierte und glaubwürdige Schilderung der verschiedenen Vorfälle ab. Die Schlichtungsbehörde gelangt deshalb zum Schluss, dass die geltend gemachten sexuellen Belästigungen tatsächlich so stattgefunden haben. Da das Ehepaar weder auf Prävention geachtet noch irgendwelche Abhilfe getroffen habe, sei eine Entschädigung geschuldet (Art. 4 und 5 Gleichstellungsgesetz). Dabei sei zu berücksichtigen, dass über die Jahre ein freundschaftliches Verhältnis und damit eine gewisse Nähe zwischen dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmerin entstanden sei. Zudem sei das sexuelle Bedürfnis durch eine medikamentöse Behandlung gesteigert gewesen. Dies habe die Übergriffe begünstigt, wenn auch keinesfalls gerechtfertigt. Eine Entschädigung von rund 1 ½ Durchschnittsmonatslöhnen, insgesamt CHF 9‘750, sei angemessen. Zudem sei der ausstehende Lohn bis zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung durch die Hausangestellte nachzuzahlen und ihr ein wohlwollendes Arbeitszeugnis auszustellen. Da die Hausangestellte der Arbeit aufgrund der fehlenden Abhilfe und arbeitsplatzspezifischen Arbeitsunfähigkeit während rund drei Monaten ferngeblieben sei, bevor sie die fristlose Kündigung ausgesprochen habe, sei für die Zeitspanne nach der Kündigung kein Lohn bzw. Schadenersatz mehr zu zahlen.
Entscheid
Die Parteien stimmen dem Einigungsvorschlag der Schlichtungsbehörde zu und schliessen einen Vergleich.
Quelle
Schlichtungsbehörde nach Gleichstellungsgesetz, Verfahren 08/2018