Branche | Unterrichtswesen |
Geschlecht | Frau; Mann |
Stichwörter | Lohngleichheit; Verbandsklagen |
Rechtsgrundlage | Gleichstellungsgesetz |
Anstellung | öffentlich-rechtlich |
Entscheide | 4 Entscheide (2015-2017) |
Stand | offen |
Kurzzusammenfassung
Drei Verbände und 18 Einzelpersonen machen eine Lohndiskriminierung (im Sinne von Art. 8 Abs. 3 Bundesverfassung und Art. 3 Abs. 2 Gleichstellungsgesetz) der Kindergärtnerinnen des Kantons Zürichs geltend. Nachdem die zuvor von den Gemeinden angestellten Kindergartenlehrpersonen im Jahr 2008 zu kantonalen Angestellten wurden, haben sich die Verhältnisse verändert. Seither müssen sich Kindergartenlehrpersonen an einem obligatorischen Lehrplan orientieren und ihre Ausbildung erfolgt nicht mehr am Kindergärtnerinnenseminar, sondern neu an der Pädagogische Hochschule Zürich mit Abschluss Bachelor. Nach Darstellung der GesuchstellerInnen sind dadurch die Ausbildungsanforderungen gestiegen. Sie fordern dieselbe Einstufung wie Lehrpersonen auf der Primarschulstufe. Aufgrund der geltend gemachten fachlich und zeitlich gestiegenen Anforderungen verlangen sie zudem, dass sie bei einem Vollpensum zu 100 % der für sie massgeblichen Lohnklasse entlohnt werden. Bisher erhalten sie bei einer vollen Anstellung nur einen Lohn im Rahmen von 87 % entrichtet. Der Kanton als Arbeitgeber verneint die Diskriminierung und es kommt zu keiner Einigung vor der Schlichtungsstelle. Auch der Zürcher Regierungsrat spricht sich in seinem 2015 gefällten Entscheid gegen eine Lohndiskriminierung aus. Das daraufhin angerufene Zürcher Verwaltungsgericht weist die Beschwerde im Jahr 2016 ab und verneint eine geschlechtsbedingte Diskriminierung. Die dagegen erhobene Beschwerde vor Bundesgericht wird ebenfalls abgewiesen.
Die Kindergartenlehrpersonen sind im Kanton Zürich rund 18 % tiefer entlohnt als Lehrpersonen auf der Primarschulstufe. Eine solche Lohndifferenz zwischen Kindergartenlehrkräfte und Primarlehrkräfte bis zu 18% wurde im Jahr 1999 vom Bundesgericht gutgeheissen (BGE 125 II 530 ff und 541 ff). Primarlehrkräfte sind in Lohnklasse 19 eingestuft und werden bei vollem Beschäftigungsgrad 100 % entlohnt. Kindergartenlehrpersonen hingegen sind in Lohnklasse 18 eingestuft, was im Vergleich zur Klasse 19 eine Lohndifferenz von rund 5 % zur Folge hat. Sie erhalten bei einem Vollpensum einen Lohn von lediglich 87 % ausbezahlt, so dass der lohnmässige Unterschied gegenüber Primarlehrpersonen total rund 18 % entspricht. Die GesuchstellerInnen (drei Verbände und 18 Einzelpersonen) machen eine Lohndiskriminierung (im Sinne von Art. 8 Abs. 3 Bundesverfassung und Art. 3 Abs. 2 Gleichstellungsgesetz) mangels Anpassung des Lohns an die veränderten Verhältnisse aufgrund der Kantonalisierung der Kindergärten im Jahr 2008 geltend. Seitdem die Kindergartenlehrkräfte Kantonsangestellte sind, müssen sie sich an den obligatorischen Lehrplan halten und ihre Ausbildung erfolgt nicht mehr am Kindergärtnerinnenseminar, sondern neu an der PHZ (Pädagogische Hochschule Zürich) mit Abschluss Bachelor. Nach Darstellung der GesuchstellerInnen sind dadurch die Ausbildungsanforderungen gestiegen. Zwar werde nach wie vor keine Matura verlangt, jedoch ein Abschluss einer Diplommittelschule und auch die Ausbildungsinhalte mit der Abschlussprüfung Bachelor seien anspruchsvoller geworden. Deshalb sei beim Kriterium K1 (Ausbildung und Erfahrung) gemäss der für die Einstufung wesentlichen Vereinfachten Funktionsanalyse (VFA) eine Korrektur um einen halben Punkt vorzunehmen, was zu einer Neueinstufung der Kindergartenlehrpersonen in Klasse 19 führen müsse. Auch die bei einem Vollpensum erforderliche Arbeitszeit sei mit Einführung des obligatorischen kantonalen Lehrplans 2008, der Einbindung der Kindergartenlehrpersonen in die Volksschule und diversen Zusatzverpflichtungen gegenüber der letzten Arbeitszeiterhebung aus dem Jahr 1995 wesentlich angestiegen. Diese entspräche heute einer Jahresarbeitszeit, wie sie auch für andere kantonale Angestellte vorgesehen sei. Zusätzlich würden die Kindergartenlehrpersonen als einzige kantonale Berufsgruppe bei einem Vollpensum nicht zu 100 % der für sie massgeblichen Lohnklasse entlohnt. Die GesuchstellerInnen fordern die Feststellung der Lohndiskriminierung, eine Neueinstufung und rückwirkende Lohnnachzahlung seit dem 1. Januar 2008. Der Kanton Zürich als Gesuchgegner verneint hingegen eine Diskriminierung gestützt auf die bisher ergangenen Entscheide des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich und des Bundesgerichts aus dem Jahre 1999. Weder die Ausbildungsanforderungen, noch die erforderliche Arbeitszeit, seien durch die Kantonalisierung wesentlich höher geworden. Für die Vornahme einer Neubewertung der Funktion bzw. eine aktuelle Arbeitszeiterhebung und entsprechende Abklärungen bestehe kein Anlass. Allenfalls könnten sich die Gerichte dann damit befassen.
Erwägungen
Die Schlichtungsbehörde gelangt nach eingehendem Studium der umfangreichen Akten, zusätzlichen Abklärungen und einlässlicher Befragung der Parteien in der Schlichtungsverhandlung zum Schluss, dass die indirekte Diskriminierung der weiblich identifizierten Berufsgruppe der Kindergartenlehrpersonen glaubhaft gemacht ist. Nachdem die Ausbildung neu an der PHZ mit Bachelorabschluss erfolge, wäre dies gemäss VFA relevant und könne durchaus auch im Quervergleich zu einer lohnwirksamen Neueinstufung führen. Zwecks Feststellung der tatsächlich gestiegenen Anforderungen wären die vormaligen Ausbildungsinhalte des Kindergärtnerinnenseminars mit der jetzt massgeblichen Ausbildung an der PHZ zu vergleichen.
Glaubhaft gemacht ist auch der Anstieg der erforderlichen Arbeitszeit seit der den erwähnten Urteilen zugrundeliegenden Erhebung aus dem Jahr 1997. Dies unter Berücksichtigung des 2008 eingeführten obligatorischen Lehrplans, diverser damit verbundener Zusatzverpflichtungen sowie der gestiegenen Heterogenität der Kindergartenklassen mit vermehrtem Integrationsaufwand. Wie weit diese Arbeitszeit bei einem Vollpensum tatsächlich noch geringer ausfällt, als sie von den vergleichsweise genannten kantonalen Angestellten für eine 100 % Entlohnung verlangt wird, ist mittels aktueller Arbeitszeiterhebung zu quantifizieren. Der Kanton als Arbeitgeber hat die verfassungsmässige und gesetzliche Pflicht, für die Einhaltung des Lohngleichheitsgebots zu sorgen und die nötigen Abklärungen zu treffen, die eine diskriminierungsfreie Einstufung und Entlohnung der Kindergartenlehrpersonen gewährleisten.
Entscheid
Den Parteien wird vorgeschlagen, sich auf die Vornahme der nötigen Abklärungen zu einigen und anschliessend je nach Ergebnis bilateral oder mit Unterstützung der Schlichtungsbehörde die Umsetzung abzusprechen. Während die GesuchstellerInnen einem solchen Vorgehen zustimmen, verneint der Gesuchgegner einen Klärungsbedarf bzw. will eine allenfalls nötige Klärung dem Gericht überlassen. Damit ist Nichteinigung festzustellen und der Gesuchgegner sichert den Erlass anfechtbarer Verfügungen innert nützlicher Frist zu.
Quelle
Schlichtungsbehörde nach Gleichstellungsgesetz, Verfahren 21/2014
Die Beschwerdeführenden beantragen die Aufhebung des Beschlusses des Regierungsrates und die Feststellung einer indirekten Lohndiskriminierung gemäss Art. 8 Abs. 3 Bundesverfassung und Art. 3 Abs. 2 Gleichstellungsgesetz. Zudem sollen den klagenden Kindergartenlehrpersonen die Lohndifferenzen nachbezahlt werden.
Erwägungen
Laut dem Verwaltungsgericht können die Kindergartenlehrpersonen ihren Beruf nicht mit dem der Primarlehrpersonen vergleichen und so eine indirekte Diskriminierung glaubhaft machen. Zum einen gilt der Beruf der Primarlehrpersonen ebenfalls als frauenspezifischer Beruf, weshalb eine geschlechterdiskriminierende Lohnungleichheit schon von vornherein nicht möglich ist. Zum anderen müssen die Primarlehrpersonen im Unterschied zu den Kindergartenlehrpersonen einen höheren Ausbildungsgrad erreichen. Von ihnen wird erwartet, dass sie eine abgeschlossene Maturität bzw. Fachmaturität Pädagogik haben, während bei Kindergartenlehrpersonen ein Fachmittelschulabschluss genügt. Der blosse Umstand, dass neu ein Abschluss Bachelor an einer pädagogischen Fachhochschule absolviert wird, bedeute keinesfalls, dass die Anforderungen an die Ausbildung der Kindergartenlehrpersonen generell gestiegen sind. Die Bezeichnung als Bachelor kann nicht per se mit Abschlüssen gleicher Bezeichnung verglichen werden, weil dieselbe Bezeichnung für den ersten Abschluss sowohl an Fachhochschulen wie an Universitäten verwendet wird.
Das Verwaltungsgericht hält sodann fest, dass unter anderem keine Lohndiskriminierung im Vergleich mit den Berufen Werkstattchef, Lehrpersonen an gewerblich-industriellen Berufsschulen und Abteilungschef im Bereich technische und handwerkliche Funktionen besteht. Die unterschiedlichen Einstufungen in die Lohnklassen lassen sich durch verschiedene Ausbildungsanforderungen, Berufserfahrung und psychische Belastungen erklären. Für das Verwaltungsgericht ist nicht ersichtlich, wieso seit 2008 die psychische Belastung der Kindergartenlehrpersonen massgeblich geändert haben soll. Bereits vor der Einführung des obligatorischen Kindergartenbesuchs im 2008 haben fast alle Kinder während zwei Jahren den Kindergarten besucht. Auch der Hinweis auf eine Zunahme der Migration überzeugt das Verwaltungsgericht nicht. Der Anteil der Personen mit deutscher Muttersprache hat sich in der Zeit von 2000 bis 2013 sogar von 83,4 % zu 83,5 % leicht erhöht. Zudem werden Kindergartenlehrpersonen zunehmend von Lehrpersonen für Deutsch als Zweitsprache, HeilpädagogInnen und TherapeutInnen unterstützt.
Keine Diskriminierung sieht das Verwaltungsgericht auch in der Arbeitszeit der Kindergartenlehrpersonen. Diese bekommen bei einem Vollpensum einen Lohn auf der Grundlage des Pensums von 87 %. Einen Lohn gestützt auf ein Pensum von 100% kann nicht ausbezahlt werden, weil Kindergartenlehrpersonen bei ihrem Beruf auch bei einem Vollpensum im Unterschied zu den anderen Angestellten des Kantons nicht auf die erforderlichen Stunden kommen. Dieser Umstand liegt in der Natur dieses Berufes und ist nicht geschlechtsspezifisch bestimmt und deshalb auch nicht diskriminierend. Dass bei voller Anstellung nur einem Pensum von 87 % entsprechend entlöhnt wird, ist auch im Vergleich mit Lehrpersonen an einer gewerblich-industriellen Berufsschule nicht diskriminierend. Obwohl Berufsschullehrpersonen nur zwei Pflichtlektionen (26 statt 24 Lektionen) mehr als die Kindergartenlehrpersonen haben, müssen sie erheblich mehr Vor- und Nachbereitung sowie koordinierende Arbeiten leisten. Dies rechtfertigt den unterschiedlichen Beschäftigungsgrad zwischen Kindergartenlehrpersonen und Berufsschullehrpersonen. Das Verwaltungsgericht hält deshalb fest, dass ausreichende sachliche Gründe vorliegen, die es rechtfertigen bei voller Anstellung nur einen Lohn im Rahmen eines Pensums von 87 % auszuzahlen.
Entscheid
Die Entlöhnung der Kindergartenlehrpersonen im Kanton Zürich ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht geschlechterdiskriminierend. Das Verwaltungsgericht weist die Beschwerde deshalb ab.
Das Gericht übernimmt die Kosten des Gerichtsverfahrens (Art. 13 Abs. 5 Satz 1 Gleichstellungsgesetz). Die Parteikosten der Beschwerdegegner werden nicht den Beschwerdeführenden auferlegt, da dem Gemeinwesen keine Parteientschädigung zusteht. An Streitigkeiten vor Gericht teilzunehmen ist einerseits Teil der amtlichen Aufgaben und andererseits weisen die Behörden gegenüber den Privaten meisten einen Wissensvorsprung auf.
Quelle
VB.2015.00802 vom 07.09.2016
Die Beschwerdeführenden verlangen, dass der Verwaltungsgerichtsentscheid aufzuheben sei. Das Verwaltungsgericht habe zum einen willkürlich (Art. 9 Bundesverfassung) geurteilt und zum anderen ihr rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 Bundesverfassung) verletzt, indem es das Urteil nicht genügend begründet habe. Ausserdem solle das Bundesgericht den Lohn der einzelnen beschwerdeführenden Kindergartenlehrpersonen auf 115% des bisherigen Lohnes festsetzten. Die Beschwerdegegner fordern die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht hält gleich zu Beginn fest, dass es auf die Forderung der Festsetzung des Lohnes der einzelnen Kindergartenlehrpersonen nicht eintritt. Es begründet dies damit, dass Art. 8 Abs. 3 Bundesverfassung, Art. 3 und Art. 5 Gleichstellungsgesetz keinen Anspruch auf ein bestimmtes Gehalt, sondern bloss eine Lohndiskriminierung verbieten. Eine festgestellte Lohndiskriminierung sei zu beseitigen, doch nicht vom Gericht, sondern von den zuständigen Behörden.
Das Bundesgericht kommt bei der Prüfung der Rügen der Beschwerdeführerinnen ebenfalls zum Ergebnis, dass keine Lohndiskriminierung vorliegt. Es hält fest, dass das Verwaltungsgericht durchaus verständlich und nachvollziehbar entschieden habe. Das Verwaltungsgericht habe keineswegs offensichtlich unhaltbar, also willkürlich (Art. 9 Bundesverfassung) geurteilt. Die Lohnunterschiede seien sachlich begründet und somit liege auch keine Lohndiskriminierung vor.
Auch das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 Bundesverfassung) der Beschwerdeführenden habe das Verwaltungsgericht gewahrt. Es habe die minimalen Anforderungen an die Begründung des Entscheides eingehalten.
Entscheid
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Das Verfahren vor Bundesgericht ist kostenpflichtig (Art. 13 Abs. 5 Gleichstellungsgesetz i.V.m. Art. 65 Abs. 4 lit. b und Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten im Umfang von CHF 1'000 haben die unterliegenden Beschwerdeführenden zu tragen. Eine Parteientschädigung wird keine ausgesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Quelle
Bundesgerichtsentscheid 8C_696/2016 vom 19. September 2017