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Basel-Stadt Fall 1

Lohngleichheit für Kindergarten- , Hauswirtschafts- und Textilfachlehrkräfte

Branche Unterrichtswesen
Geschlecht Frau
Stichwörter Lohngleichheit; Arbeitsbewertung; Verbandsklagen
Rechtsgrundlage Art. 8 Bundesverfassung
Anstellung öffentlich-rechtlich
Entscheide 11 Entscheide (1987-1999)
Stand rechtskräftig
Verfahrensgeschichte

Kurzzusammenfassung
Im Oktober 1987 verlangen 19 Kindergarten-, Hauswirtschafts- und Textilfachlehrkräfte beim Regierungsrat, dass sie um zwei Lohnstufen höher eingereiht werden. Sie berufen sich auf das Lohngleichheitsgebot in der Art. 8 Abs. 3 Bundesverfassung (BV alt Art. 4 Abs.2). Bei der Lohneinreihung von 1970 sei ihre Arbeit in mehreren Punkten als weniger wertvoll als jene der Primarlehrkräfte eingestuft worden. Der Regierungsrat weist die Begehren ab, welche die Klägerinnen ans Verwaltungsgericht weiterziehen. Sie verlangen die Überprüfung der diskriminierenden Arbeitsplatzbewertung durch einen Experten. Diese Forderung wird abgewiesen. Das Gericht stellt eine tiefere Bewertung im Vergleich zu den Lehrerinnen fest . Es könne aber nicht überprüfen, ob ein Verstoss gegen das Lohngleichheitsgebot vorliegt, weil die Berufe nicht direkt vergleichbar seien. Ausserdem bringe eine Korrektur der ungleichen Bewertung das gesamte Lohngefüge aus dem Gleichgewicht. Deshalb müsse der Gesetzgeber eine bestehende Verfassungswidrigkeit beseitigen. Gegen diesen Entscheid beschweren sich die Klägerinnen beim Bundesgericht. Es kommt zum Schluss, mit der Ablehnung einer Expertise sei den Klägerinnen das rechtliche Gehör verweigert worden. Nur eine Arbeitbewertung könne klären, ob tatsächlich frauentypische Berufe diskriminiert worden seien. Die Expertise zeigt schliesslich bei verschiedenen bewerteten Merkmalen diskriminierende Unterschiede zwischen den Berufen der Klägerinnen und dem nicht frauentypischen Vergleichsberuf. Darauf entscheidet das Verwaltungsgericht, dass der Lohn der Klägerinnen um zwei Lohnstufen erhöht werden muss. Ein halbes Jahr nach diesem Urteil beantragen 582 Kindergärtnerinnen, Hauswirtschafts- und Arbeitslehrerinnen beim Regierungsrat, dass ihr Lohn ebenfalls anzuheben sei. Die Regierung tritt auf die Forderung ein, verweigert jedoch eine rückwirkende Nachzahlung für die ordentliche Verjährungsfrist von fünf Jahren. Diese gelte erst ab Einreichung der Klage. Dagegen rekurrieren die Klägerinnen beim Verwaltungsgericht. Es gewährt eine rückwirkende Nachzahlung ab November 1993. Erst dann sei die richterliche Feststellung einer geschlechtsspezifischen Diskriminierung rechtskräftig geworden. Die Klägerinnen ziehen ihre Beschwerde ans Bundesgericht. Es entscheidet, der Anspruch auf diskriminierungsfreien Lohn könne auch nachträglich eingefordert werden. Für die rückwirkende Nachzahlung gelte die fünfjährige Verjährungsfrist, die nur bei klarem Missbrauch verkürzt werden dürfe. Die Klägerinnen erhalten eine Lohnnachzahlung von rund 23 Millionen Franken und eine Parteientschädigung von 45'000 Franken.

24.10.1987
Antrag von 19 Klägerinnen auf höhere Lohneinreihung
  • 21.06.1988
    Der Regierungsrat weist Antrag ab
  • 23.03.1990
    Das Verwaltungsgericht weist Rekurs ab
  • 19 Kindergarten-, Hauswirtschafts- und Textilfachlehrkräfte beantragen - unterstützt von der Freiwilligen Schulsynode Basel-Stadt (FSS) - beim Regierungsrat, dass sie rückwirkend ab Januar 1987 um zwei Lohnklassen höher eingestuft werden. Für 1986 verlangen sie die Nachzahlung eines Lohnguthabens, das separat berechnet werden soll. Für ihre Forderungen stützen sie sich auf das Lohngleichheitsgebot in der Bundesverfassung. In der Arbeitsbewertung für die Lohneinstufung seien sie bei den Merkmalen Ausdrucksfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Selbständigkeit, Durchsetzungsvermögen, seelische Belastung und geistige Beanspruchung ohne sachliche Gründe tiefer als Primarlehrkräfte eingestuft worden. Für die Kindergärtnerinnen bedeute dies eine Einstufung um 2,5 Lohnklassen, für die Hauswirtschafts- und Textilfachlehrkräfte um 2,2 Lohnklassen tiefer als für andere Lehrerkategorien. Sie verlangen, dass die diskriminierende Entlöhnung mit einer Expertise überprüft wird.

    Erwägungen
    Das Verwaltungsgericht verweigert eine Expertise. Aufgrund der Arbeitsbewertung von 1970 untersucht es einzig die Frage, ob mit der Einreihung in eine bestimmte Lohnklasse die Rechtsgleichheit verletzt worden sei. Es kommt zum Schluss, dass die Berufe der Klägerinnen für mehrere Merkmale schlechter bewertet wurden und es sich um typische Frauenberufe handelt. Doch ein Verstoss gegen das Lohngleichheitsgebot sei nicht überprüfbar, weil die Berufe der Klägerinnen nicht in allen Bereichen mit jenen der anderen Lehrkräfte verglichen werden könne. Im Weiteren hält das Gericht fest, dass eine Verfassungswidrigkeit nicht automatisch ein Recht auf Korrektur und Lohnnachzahlungen nach sich ziehe. Durch die Behebung der Lohnungleichheit in einem Bereich könne Ungerechtigkeit im gesamten Lohngefüge entstehen. Deshalb sei es Sache des Gesetzgebers, Diskriminierungen innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen. Das Gericht entscheidet, dass eine Revision des Lohngesetzes angelaufen sei und deshalb kein Handlungsbedarf mehr für eine Überprüfung bestehe.

    Entscheid
    Das Verwaltungsgericht weist den Rekurs ab.

    Quelle
    Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Verwaltungsgerichtsentscheid vom 23.3.1990

    31.05.1991
    Das Bundesgericht heisst Beschwerde gut
  • Gegen diesen Entscheid reichen die Klägerinnen staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht ein. Sie führen auch an, dass durch die Verweigerung ihr Anrecht auf rechtliches Gehör verletzt worden sei.

    Erwägungen
    Das Bundesgericht folgt der Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht. Es wertet den Verfassungsanspruch auf gleichen Lohn höher ein als die Folgen einer Lohnanpassung für das ganzes Lohnsystem. Dass dieses aus dem Gleichgewicht gerate, müsse in Kauf genommen werden. Sonst könne ein Anspruch auf Lohngleichheit nur noch nach einer vollständigen Erneuerung des Lohngesetzes oder bei nicht reglementierten Löhnen gestellt werden. Das Gericht entscheidet, dass diskriminierende Faktoren sofort behoben werden müssen und für die Umsetzung des Lohngleichheitsgebotes keine aufschiebende Wirkung besteht. Es rügt die Vorinstanz, weil sie die geforderte Expertise nicht bewilligt hat. Ob tatsächlich ein typischer Frauenberuf diskriminiert worden sei, könne nicht mit der Arbeitsbewertung untersucht werden, die als Grundlage für die Lohneinstufung gedient habe. Deshalb stelle die Abweisung eines Gutachtens als Beweismittel eine klare Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerinnen dar.

    Entscheid
    Das Bundesgericht heisst die staatsrechtliche Beschwerde gut.

    Quelle
    Bundesgerichtsentscheid 117 Ia 262

    09.07.1993
    Das Verwaltungsgericht heisst Beschwerde gut
  • Nach dem Urteil des Bundesgerichts muss das Verwaltungsgericht die Begehren der Klägerinnen neu beurteilen. Sie verlangen eine Beurteilung, ob die Arbeitsplatzbewertung von 1970 versteckte geschlechtsspezifische Diskriminierungen enthält. Das Gericht beauftragt den Experten Christof Baitsch vom Institut für Arbeitspsychologie der ETH Zürich.

    Erwägungen
    Das Gericht stellt fest, dass die für die Lohneinreihung herbeigezogene Arbeitsplatzbewertung sich auch „selbst diskriminierend“ auswirken kann, wenn männliche Kriterien stärker als weibliche gewichtet werden. Versteckte Diskriminierungen können nur durch ein vergleichendes Gutachten aufgedeckt werden. Auf die Vorwürfe des Personalamts, der Experte kenne die Verhältnisse von 1970 nicht und habe nur eine bestimmte Funktionsgruppe begutachtet, tritt es nicht ein. Es stellt fest, dass die Expertise für einige der acht untersuchten Merkmale eine Höhereinstufung der Primarlehrkräfte nachgewiesen hat. Nicht zu rechtfertigen sei diese bei den Merkmalen Verantwortung, Selbständigkeit und seelische Belastung. Eine Verletzung des Lohngleichheitsgebots verneint das Gericht hingegen bei den geistigen Fähigkeiten und der Beanspruchung. Aufgrund der Expertise, die vom Gericht vollumfänglich übernommen wird, werden die Kindergärtnerinnen neu in die Lohnklasse 19, die Arbeitslehrerinnen in die Lohnklasse 18 und die Hauswirtschaftslehrerinnen in die Lohnklasse 17 eingestuft. Damit wird die Forderung der Klägerinnen für eine Neueinstufung um zwei Lohnklassen erfüllt. Der Anspruch wird rückwirkend auf 1. November 1987 ausbezahlt. Nicht berücksichtigt wird die Forderung auf eine individuelle Lohnnachzahlung für 1986.

    Entscheid
    Das Verwaltungsgericht heisst den Rekurs gut und hebt den Beschluss des Regierungsrates vom 21. Juni 1988 auf. Die Lohnnachzahlungen werden rückwirkend auf die Klageeinreichung ausbezahlt. Die Klägerinnen erhalten eine Parteientschädigung von 10'000 Franken.

    Quelle
    Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Verwaltungsgerichtsentscheid vom 9.7.1993

    25.02.1994
    Das Bundesgericht tritt auf Beschwerde des Kantons nicht ein
  • Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts reicht der Regierungsrat staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht ein.

    Erwägungen
    Das Bundesgericht stellt fest, dass ein Kanton nicht berechtigt ist, ein Urteil zur verfassungsmässig garantierten Lohngleichheit anzufechten. Auch der Anspruch auf rechtliches Gehör stehe nur Einzelpersonen offen. Es handle sich dabei um ein Individualrecht, um sich gegen Hoheitsakte zu schützen. Deshalb könne es vom Kanton nicht beansprucht werden.

    Entscheid
    Das Bundesgericht tritt auf die staatrechtliche nicht Beschwerde ein.

    Quelle
    Bundesgerichtsentscheid 120 Ia 95

    29.04.1994
    Antrag von 581 Klägerinnen auf höhere Lohneinreihung
  • 21.11.1995
    Regierungsrat weist Lohnnachzahlung ab
  • 16.05.1997
    Das Verwaltungsgericht heisst Beschwerde teilweise gut
  • Im April 1994 beantragen 581 weitere Kindergarten-, Hauswirtschafts- und Textilfachlehrkräfte, dass ihre Löhne rückwirkend auf fünf Jahre um zwei Lohnklassen anzuheben seien. Der Regierungsrat bewilligt die Neueinreihung. Er macht allerdings geltend, dass dies freiwillig geschehe, weil das Verwaltungsgerichtsurteil vom Juli 1993 die Verletzung des Lohngleichheitsgebots nicht nachgewiesen habe. Im November 1994 entscheidet der Regierungsrat, dass die Klägerinnen nur rückwirkend auf das Datum der Klageeinreichung Lohnnachzahlungen erhalten. Dagegen rekurrieren sie beim Verwaltungsgericht. Sie verlangen, dass die ordentliche Verjährungsfrist von fünf Jahren angewendet wird.

    Erwägungen
    Das Verwaltungsgericht bezeichnet die vom Regierungsrat bestrittene Verletzung des Lohngleichheitsgebotes als befremdlich. Es stellt fest, dass mit der erfolgten Neueinreihung auch die Diskriminierung anerkannt worden sei. Zur Forderung nach rückwirkender Auszahlung hält es fest, dass entstandener Schaden im Prinzip auch rückwirkend behoben werden müsse. Doch werde die Frist nicht allein durch die Verjährung bestimmt. Entscheidend sei, ob die Lohnungleichheit für die beklagte Partei ersichtlich oder verdeckt war. Das Gericht stellt fest, dass erst mit der Expertise eine indirekte Verletzung der Lohngleichheit nachgewiesen werden konnte. Deshalb habe der Regierungsrat den Umfang der Forderungen ab Eröffnung des Urteils am 13. Oktober 1993 klar feststellen und Reserven anlegen können. Das Gericht entscheidet, aus diesem Grund sei eine rückwirkende Forderung erst ab 1. November 1993 möglich.

    Entscheid
    Das Verwaltungsgericht heisst den Rekurs teilweise gut. Es hebt den Beschluss des Regierungsrates auf und spricht rückwirkende Lohnnachzahlungen ab 1. November 1993 statt ab Mai 1994 zu. Es verurteilt die Klägerinnen zu einer Kostenbeteiligung von insgesamt rund 29'000 Franken.

    Quelle
    Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Verwaltungsgericht, Nr. 754/1995

    08.12.1998
    Das Bundesgericht heisst Beschwerde gut
  • Gegen diesen Entscheid reichen die Klägerinnen staatrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht ein. Sie fordern, dass der Anspruch auf diskriminierungsfreien Lohn auch nachträglich gestellt werden kann und die ordentliche Verjährungsfrist gilt.

    Erwägungen
    Das Bundesgericht stellt fest, dass für Lohnforderungen nach Art. 8 Abs. 3 Bundesverfassung (BV alt 4 Abs. 2) ein Anspruch auf Nachzahlung besteht. Es sei willkürlich, die Nachzahlungsfrist davon abhängig zu machen, ob für den Schuldner die Rechtslage klar war. Auch der Umstand, dass der Schuldner keine Reserven für die Nachzahlung gebildet habe, sei nicht stichhaltig. Zahlungen, die sich aus gerichtlichen Urteilen ergeben, müssen unabhängig von finanzrechtlichen Überlegungen geleistet werden (BGE 124 II 436, Solothurner Fall 4; Urteildatenbank Bundesgericht). Das Gericht verweist darauf, dass Ansprüche innerhalb der Verjährungsfrist wegen rechtsmissbräuchlicher Verzögerung generell nur mit grosser Zurückhaltung beschnitten werden dürfen. Es entscheidet, dass das Verwaltungsgericht den Anspruch auf Nachzahlung verletzt hat und die Klägerinnen die Lohnerhöhung rückwirkend auf fünf Jahre beanspruchen können.

    Entscheid
    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

    Quelle
    Bundesgerichtsentscheid 125 I 14

    14.04.1999
    Das Verwaltungsgericht verfügt Lohnnachzahlung
  • Das Verwaltungsgericht muss den Entscheid des Regierungsrates vom November 1995 neu beurteilen.

    Erwägungen
    Das Verwaltungsgericht stellt fest, dass es keine besonderen Umstände gibt, um die ordentliche Verjährungsfrist für die rückwirkende Lohnnachzahlung zu verkürzen. Deshalb weist es den Regierungsrat an, den Klägerinnen die verfügte Lohnerhöhung von zwei Lohnklassen rückwirkend auf fünf Jahre auszubezahlen. Das Urteil des Bundesgerichts führt auch zu einer Neubeurteilung der Kostenverteilung für die Parteien.

    Entscheid
    Das Verwaltungsgericht hebt den Entscheid des Regierungsrates auf. Die Klägerinnen erhalten eine Parteientschädigung von insgesamt 45'000 Franken.

    Quelle
    Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Verwaltungsgericht, Nr. ZZ 3/1999

    Bemerkungen
    Lohnnachzahlung
    Die erfolgreiche Klage der Kindergarten, Hauswirtschafts- und Textilfachlehrkräfte gegen Lohndiskriminierung führt dazu, dass der Kanton Basel-Stadt 23 Millionen Franken Lohnnachzahlungen leisten muss (Medienmitteilung des Regierungsrats, 15.12.1998).

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